Maxim Biller Poetikdozentur 2018
»Literatur und Politik«
Maxim Biller wurde am 25. August 1960 in Prag geboren. 1970 zog er mit seinen Eltern, die in den 1950er Jahren aus der Sowjetunion emigriert waren, nach Deutschland. Nach dem Germanistikstudium in Hamburg und München und einem weiteren Studium an der dortigen Journalistenschule begann er seine Karriere beim Zeitgeist-Magazin »Tempo«, wo er sich mit der Kolumne »100 Zeilen Hass« einen Namen machte.
Als Kritiker des »Literarischen Quartetts« (2015/16) schloss er an diese frühe Phase des urteilsfreudigen Meinungskampfs noch einmal an. Neben seiner journalistischen Tätigkeit (u.a. für die »Zeit«, den »Spiegel« und die »FAZ«) begann Maxim Biller, Anfang der neunziger Jahre literarisch zu publizieren. Dem erzählerischen Debüt »Wenn ich einmal reich und tot bin« (1990) folgten Romane, Essays, Erzählungen, Dramen und Kinderbücher, zuletzt der 900-Seiten-Roman »Biografie« (2016) und die gesammelte Neuauflage der »Hass«-Kolumnen (2017).
Auch als Autor pflegt Maxim Biller die Kontroverse. Die Provokation, der Tabubruch, die aggressive Rede und die Selbstinszenierung dienen ihm als legitime Mittel, eingefahrene Denk- und Verhaltensmuster aufzubrechen und auf Verlogenheiten und Widersprüche im öffentlichen Diskurs hinzuweisen. Er selbst wurde 2003 zum Gegenstand einer Kontroverse, als das Landgericht München den Vertrieb seines autobiographischen Romans »Esra« untersagte und der Klage der Persönlichkeitsverletzung stattgab.
Seine Stoffe schöpft Maxim Biller aus der eigenen Biografie, insbesondere aus seinen Beobachtungen zum deutsch-jüdischen Verhältnis, der eigenen Erfahrung des Jüdischseins und den Werken seiner Vorbilder (u.a. Philip Roth). Der neue Roman »Biografie« bildet einen vorläufigen Höhepunkt in Billers Erforschung der Bedingungen jüdischer Identität im »Land der Täter«.
Das episodenhaft erzählte, an den pointenhaften Witz amerikanischer Sitcoms erinnernde, Fakten und Fiktion ironisch vermischende 900-Seiten-Werk erzählt die abgründige Geschichte der Freundschaft zweier Juden, die mit einem ebenso mächtigen Vater- wie Frauenkomplex zu kämpfen haben. Die Ereignisse um Solomon Karubiner und Noah Forlani kippen alsbald in eine überdreht-absurde Dynamik, bei der zwischen Wahrheit und Phantasie, gesunder Selbsterhaltung und allgemeiner Schizophrenie kaum mehr unterschieden werden kann. In dem nach eigener Aussage „bisher persönlichstem und jüdischstem“ Roman liegt auf der Hand, dass die Obsessionen und seelischen Beschädigungen der Protagonisten in den Schoah-Erfahrungen der Elterngeneration gründen.
Werke (Auswahl)
Wenn ich einmal reich und tot bin (Erzählungen, 1990)
Land der Väter und Verräter (Erzählungen, 1994)
Die Tochter (Roman, 2000)
Deutschbuch (Essays, 2001)
Bernsteintage (Erzählungen, 2004)
Liebe heute (Erzählungen, 2007)
Der gebrauchte Jude (Selbstporträt, 2009)
Biografie (Roman, 2016)
Hundert Zeilen Hass (2017)
Sechs Koffer (2018, erscheint im Sept.)
Auszeichnungen (u.a.)
Turkan-Preis der Stadt München (1994)
Preis des Europäischen Feuilletons (1996)
Theodor-Wolff-Preis (1999)
Würth-Literaturpreis (2012)
Programm
Montag, 18. Juni 2018, 19:15 Uhr
Erste Poetikvorlesung mit Maxim Biller
Begrüßung: Prof. Dr. Jörg Riecke, Dekan der Neuphilologischen Fakultät, und Bürgermeister Dr. Joachim Gerner
Einführung: PD Dr. Friederike Reents, Germanistisches Seminar
Alte Universität, Aula
Grabengasse 1 ∙ 69117 Heidelberg
Eintritt frei
Dienstag, 19. Juni 2018, 17:30 Uhr
Lesung und Gespräch mit Maxim Biller
im Rahmen der „Heidelberger Literaturtage im Aufbruch 2018“
Moderation: Prof. Dr. Michaela Kopp-Marx, Germanistisches Seminar
Spiegelzelt auf dem Universitätsplatz
Eintritt: 10.- €, erm. 7.- €
Montag, 25. Juni 2018, 19:15 Uhr
Zweite Poetikvorlesung mit Maxim Biller
Neue Universität, Hörsaal 13
Grabengasse 3 ∙ 69117 Heidelberg
Eintritt frei
Montag, 2. Juli 2018, 19:15 Uhr
Dritte Poetikvorlesung mit Maxim Biller
Neue Universität, Hörsaal 13
Grabengasse 3 ∙ 69117 Heidelberg
Eintritt frei